Mögliche Promotionsthemen

Promotionsprojekte

Die Klinik für Forensische Psychiatrie an der Universität Rostock als forschungsaktive Einrichtung des Maßregelvollzugs, freut sich Studenten Projekte für ihre Promotion und andere wissenschaftliche Qualifikationen anbieten zu können. Wir haben die notwenige Expertise und großes Engagement in der Betreuung von Studenten; wir binden Studenten in unser Forschungsteam ein, garantieren eine intensive und persönliche Betreuung sowie Teilnahme an internen und ggf. auch externen Seminaren und Fortbildungen. Bei Interesse kontaktieren Sie bitte die Klinikdirektorin birgit.voellm{bei}med.uni-rostock.de.

Basierend auf Kriterien wie Notwendigkeit und Machbarkeit sehen wir zurzeit folgende Projekte als geeignete Promotionsprojekte an; ggf. können diese auch für andere wissenschaftliche Qualifikationen adaptiert werden.

 

Akupunktur bei Suchterkrankungen

Akupunktur ist relativ weit verbreitet als adjuvante Therapie bei Suchtkranken (siehe z. B. https://deutsche-akupunktur-gesellschaft.de/suchtakupunktur-nach-dem-nada-protokoll.html). Suchtakupunktur wird in Deutschland derzeit in über 200 psychiatrischen und suchttherapeutischen Einrichtungen eingesetzt; wie häufig diese Methode im Maßregelvollzug zum Einsatz kommt, ist unklar. Die Methode soll zu einer allgemeinen Stärkung des Patienten, besserem Schlaf, erhöhter Motivation sowie einem Rückgang der Entzugssymptomatik und des Cravings führen. Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen zur Suchtakupunktur sind gemischt; eine größere Studie aus dem Jahr 2017 (Carter et al., 2017) zeigte, dass die Anwendung von Akupunktur mit einer höheren Lebenszufriedenheit, höheren Chancen einer Arbeit und einer geringeren Alkoholrückfälligkeit verbunden war. Allerdings waren Teilnehmer dieser Studie nicht randomisiert.

Auch in unserer Klinik wird Akupunktur nach dem NADA (National Acupuncture Detoxification Association)-Protokoll eingesetzt, wobei eine strukturierte Evaluation bisher nicht erfolgt ist. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, Erkenntnisse bezüglich der Effektivität des NADA-Protokols bei Suchterkrankungen zu gewinnen. Als einzelne Schritte sind ein systematischer Review bisheriger Studien sowie eine kleinere, interne Studie mit quantitativen und qualitativen Methoden denkbar. Dies kann dann Daten für eine spätere, größer angelegte randomisierte Studie liefern.

 

Lebensqualität bei Patienten im Maßregelvollzug

Die Unterbringung im Maßregelvollzug dient der „Besserung und Sicherung“ von als gefährlich eingeschätzten psychisch kranken Straftätern. Dabei erbringen die dort Untergebrachten (unfreiwillig) ein sogenanntes „Sonderopfer“, d. h. ihre Rechte, z. B. auf Freiheit, Familie, etc., werden zugunsten des Schutzes der Allgemeinheit eingeschränkt. Aus menschenrechtlichen Erwägungen heraus ergibt sich, dass diese Einschränkungen nicht umfangreicher als nötig sein sollten und dass die Lebensqualität der Untergebrachten soweit als möglich erhalten bleiben sollte. Der Maßregelvollzug sollte keine zusätzliche Strafe darstellen, sondern ein therapeutisches Milieu vorhalten, um die dort untergebrachten Patienten zu behandeln und, wenn möglich, wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Dem Konzept der Lebensqualität kommt in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zu. Einrichtungen sollten offen der Frage gegenüber sein, wie die Lebensqualität der in ihnen Untergebrachten von diesen selbst beurteilt wird. Es ist auch zu erwarten, dass Patienten, die ihre Lebensqualität als positiv einschätzen, sich mehr auf die Therapie einlassen und dadurch dann auch ein positiveres Gesamtergebnis erzielt werden kann.

Die Erforschung der Lebensqualität von Patienten hat eine langjährige Tradition, jedoch sind die eingesetzten Fragebögen für im Maßregelvollzug untergebrachte Patienten oft ungeeignet. Im englischsprachigen Raum gibt es inzwischen jedoch einige Fragebögen zur Erfassung der Lebensqualität speziell für Patienten in forensisch-psychiatrischen Einrichtungen; diese sind jedoch bislang noch nicht ins Deutsche übersetzt worden. Ziel dieses Projektes ist es daher, einen der englischsprachigen Fragebögen zur Lebensqualität ins Deutsche zu übersetzen und zu validieren. Dieser kann dann in unserer und anderen Kliniken zur Messung der Lebensqualität eingesetzt werden; auch der Zusammenhang zwischen Lebensqualität und anderen Parametern, wie z. B. Vorkommnisse, Therapieerfolg, etc. können dann wissenschaftlich beschrieben werden.

 

Vorhersage von Therapieabbrüchen

Bei Patienten, die nach §64, also im Zusammenhang mit einer Suchterkrankung, untergebracht sind und auch eine Gefängnisstrafe haben, besteht die Möglichkeit entweder auf Wunsch des Patienten oder auf Betreiben der Klinik den Abbruch der Maßnahme vorzuschlagen. Wenn die Strafvollstreckungskammer dem zustimmt, wird der Patient in den Strafvollzug verlegt. Für den Abbruch von Seiten des Patienten gibt es verschiedenen Gründe. Möglicherweise hatte sich der Patient die Therapie anders vorgestellt oder findet sie oder die Einschränkungen der Maßregelvollzugseinrichtung zu beschwerlich. Von Seiten der Klinik wird ein Abbruch in der Regel vorgeschlagen, wenn die Therapie wenig erfolgsversprechend erscheint oder der Patient mehrfach schwere Regelverstöße begeht. Allerdings sind diese Beobachtungen anekdotisch, da es an Forschung in diesem Bereich fehlt.

Ziel dieses Projektes wird es deshalb sein zu untersuchen, ob sich Prädiktoren (z. B. bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, etc.) finden, die einen späteren Abbruch verhersagen. Diese Information könnte zum einen dazu führen, dass bei bestimmten Patienten eine Aufnahme in den Maßregelvollzug gar nicht mehr empfohlen wird, oder, aus therapeutische Sicht wichtiger, dass Patienten mit solchen Merkmalen von Anfang an mehr Unterstützung angeboten wird, um sich besser in die Therapie einzufinden. Methodisch kann diese Studie retrospektiv durchgeführt werden, wobei die quantitativen Daten auch durch Interviews mit Patienten und Therapeuten ergänzt werden können.

 

Anwendung von und Erfahrung von Patienten mit dem Zimmereinschluss

Im Maßregelvollzug können und werden verschiedene Maßnahmen zum Umgang mit bedrohlichen Situationen zum einen und mit Regelverstößen zum anderen angewandt. Bei Androhung von Gewalt kann der Patient in einem besonders gesicherten Raum kurzfristig abgesondert werden; in Extremfällen ist auch eine Fixierung möglich. Bei der Anwendung dieser Maßnahmen müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, bei der Fixierung bedarf es zudem einer richterlichen Anordnung. Bei Regelverstößen, die nicht zur Absonderung oder Fixierung führen, z. B. Besitz von unerlaubtem Material oder Drogen, kann ein Zimmereinschluss erfolgen, z. B. während die Situation geklärt wird und um weiteren Schaden abzuwenden. Obgleich auch diese Maßnahme für die Patienten mit gravierenden Einschränkungen verbunden ist, sind hier die Regeln bezüglich ihrer Anordnung weniger streng; auch ist nicht immer klar, ob die Maßnahme als Teil eines Gesamttherapiekonzeptes oder als Strafe angewandt wird. Noch weniger ist klar, was mit der Maßnahme letztlich erreicht wird.

Das Ziel dieses Projektes ist es deshalb alle Zimmereinschlüsse der Klinik über den Zeitraum von 1 Jahr daraufhin zu untersuchen: a) wie die Entscheidung zum Zimmereinschluss zustande kam, b) wie dieser begründet wurde und c) wie lange der Zimmereinschluss dauerte und welchen Effekt er hatte. Zusätzlich können Befragungen mit Patienten und Therapeuten durchgeführt werden.

 

Einstellungen des Pflegepersonals zu forensischen Patienten

Zur Behandlung von psychisch kranken Straffälligen, wie auch anderer Patientengruppen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass es gelingt in der Klinik eine therapeutische Atmosphäre zu schaffen, die von Respekt dem Patienten gegenüber gekennzeichnet ist. Allerdings können auch Mitarbeiter solcher Einrichtungen, Vorurteile, insbesondere gegenüber bestimmten Gruppen von Straffälligen oder Patienten mit bestimmten Diagnosen (z. B. Persönlichkeitsstörungen) haben. Dies kann sich negativ auf die therapeutische Atmosphäre und letztlich den Behandlungserfolg auswirken.

Ziel dieses Projektes ist es deshalb, basierend auf entsprechenden Fragebögen im englischsprachigen Raum, einen Fragebogen zur Messung von Einstellungen von Pflegepersonal gegenüber forensischen Patienten, bzw. Untergruppen dieser Gruppe, zu entwickeln, validieren und einzusetzen. Ggf. können noch andere Messinstrumente eingesetzt werden, z. B. zum Stationsklima oder zur Patientenzufriedenheit, um Zusammenhänge zwischen diesen Konzepten und Einstellungen zu eruieren.

 

Neuropsychologische Parameter als Verlaufsprädiktoren

Was den Verlauf der Behandlung im Maßregelvollzug beeinflusst, ist bisher nur unzureichend geklärt. Ein Faktor können kognitive Funktionen sein, wie z. B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Exekutivfunktionen (z. B. Planen von Handlungen). Die CANTAB (Cambridge Neuropsychological Test Automated Battery) ist die international am weitesten verbreitete neuropsychologische Testbatterie, die in einem computergestützten, interaktiven System diese Funktionen abbildet; außerdem kann die Erkennung von Emotionen abgebildet werden.

Dieses Projekt wird neuropsychologische Parameter unserer Patienten mithilfe des CANTAB erheben und mit Parametern des Therapieverlaufs in Verbindung bringen.

 

Patientenmerkmale einer Maßregelvollzugseinrichtung im zeitlichen Verlauf

Die Klinik für forensische Psychiatrie an der UMR besteht seit 2001. Während dieser Zeit haben viele Patienten die Behandlung hier durchlaufen. Dabei kam es im Laufe der Zeit zu gewissen Veränderungen der Patientenpopulation, die jedoch bisher nicht systematisch beschrieben worden sind. Anekdotisch kam es zu einem Anstieg von Diagnosen im Zusammenhang mit illegalen Drogen (statt wie anfangs vor allem alkoholbezogenes Suchtverhalten), zunehmender Dissozialität und schwerwiegender Straftaten.

Ob sich dies auch wissenschaftlich nachweisen lässt, soll in diesem Projekt erforscht werden. Auch weitere Parameter, wie z. B. Anzahl der Abbrüche oder Behandlungsdauer können eruiert werden.