Patientenbeirat für partizipative Forschung in der Medizin
Patienten sind Experten durch Erfahrung. Wegen der Kenntnis ihrer eigenen Lebenssituation und Erfahrungen mit Krankheit und Therapie besitzen sie wertvolles Wissen, das Wissenschaftlern in diesem Umfang nicht zur Verfügung steht. Genau das befähigt sie, aktiv in der Forschung mitzuwirken. Während die Rolle von Patienten in ihrer eigenen Behandlung, aber auch in der Planung von medizinischen Angeboten mehr und mehr als wichtig angesehen wird, sind Patienten in der Forschung meist noch „Forschungsobjekte“ und nicht aktiv Beteiligte. Das will das neue Forschungsprojekt „PART“, das jetzt in der Universitätsmedizin Rostock in der Klinik für Forensische Psychiatrie (KFP) und der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zusammen mit dem Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) an den Start geht, ändern. Die Robert-Bosch-Stiftung als gemeinnützige Körperschaft fördert das Projekt über einen Zeitraum von drei Jahren.
Das Projekt „PART: Patientenbeirat für partizipative Forschung“ beinhaltet die aktive Einbeziehung von Menschen mit gelebter Erfahrung einer Erkrankung in den Forschungsprozess, um die Qualität, Wirkung und Relevanz zu verbessern. Dieser Prozess wird als Partnerschaft zwischen allen Beteiligten gestaltet. Dabei sollen Strukturen für die aktive Beteiligung von Patienten in der Forschung geschaffen werden, die dabei unterstützen, z. B. Forschungsthemen und -ziele zu priorisieren, Informationsmaterial zu Forschungsprojekten zu erstellen, Patienten zu rekrutieren sowie Forschungsergebnisse zu interpretieren und zu verbreiten. Federführend bei der Antragstellung von PART waren Dr. Jack Tomlin (KFP) und Dr. Olga Klein (DZNE). „Uns geht es darum, medizinische Forschung gemeinsam mit Menschen, die ihre eigene Lebenswelt genau kennen und beschreiben können, zu organisieren und ihnen die aktive Rolle im Forschungsprozess zukommen zu lassen. Das ist innovativ und bisher kaum umgesetzt in Deutschland“, so Prof. Dr. Birgit Völlm, Direktorin der Klinik für Forensische Psychiatrie Rostock.
„Unser Fokus ist die klinische Demenzforschung mit dem Ziel, die Frühdiagnose und Behandlung von Demenz zu verbessern und dabei Patienten und ihre Betreuer aktiv mit einzubeziehen. Wir haben damit in klinischen Studien sehr gute Erfahrungen gemacht und wollen daher den aktiven Einbezug der Betroffenen nachhaltiger gestalten“, erklärt Prof. Dr. Stefan Teipel, Leiter der Klinischen Forschung am DZNE-Standort Rostock/Greifswald und Leiter der Sektion Gerontopsychosomatik und demenzielle Erkrankungen der Universitätsmedizin Rostock.
Mit der Gründung und Realisierung eines Patienten- und Öffentlichkeitsgremiums „PART- Beirat“ werden Patienten, Angehörige, Forscher, Patientenvertretungen und -organisationen und andere relevante Interessengruppen zusammengebracht.
Das Projekt besteht aus drei Phasen. Im ersten Jahr stehen der Aufbau der PART-Beirats-Organisationsstruktur, die Entwicklung von Schlüsseldokumenten und Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Projekteilnehmer im Mittelpunkt. Die zweite Phase umfasst die Gründung spezifischer PART-Beiräte für einzelne klinische Bereiche. In der dritten Phase werden die Anzahl der Projekte erhöht und Leitfäden zur verstärkten Patientenbeteiligung in der Forschung erstellt. Dieser Prozess wird fortlaufend wissenschaftlich begleitet, um Hindernisse und unterstützende Faktoren zu erkennen.